Mit der Disc um die Welt

Simon Lizotte

© Discmania

Go to English Version


In Europa geht der Sommer auf sein Ende zu und ich bin immer noch nicht zurück auf der Tour. Meine Verletzung hat sich deutlich länger hingezogen als ich es anfangs erwartet und erhofft hatte. Und ich merke immer mehr, wie ich es vermisse: Den Sport, die Freunde und Kollegen, die Fans, die Wettbewerbe und auch und besonders die Reisen, um die es mir heute geht.



"Als Profisportler bist du doch sicher viel unterwegs. Wie ist das Leben auf Tour? Hast du es dir so vorgestellt?" Oft werden mir ähnliche Fragen gestellt. Um ehrlich zu sein, kann man das gar nicht richtig in Worte fassen. Ich nehme an Turnieren teil, seit ich sieben bin, und gerade in den vergangenen beiden Jahren hat sich extrem viel verändert – das fühlt sich einfach nur großartig an. Ich möchte nicht behaupten, dass ich ein Rockstar-Leben führe, doch wenn ich genauer darüber nachdenke, tue ich genau das inzwischen. Aber ich fange am besten mal von vorne an.

Ein Traum entwickelt sich - Schritt für Schritt
Die ersten Turniere waren super, keine Frage. Immerhin hatte ich mir einen Traum erfüllt und mich innerhalb von wenigen Jahren so gut im Disc Golf entwickelt, um endlich an Wettkämpfen teilnehmen zu können. Ein bis zwei Mal im Jahr fuhren wir quer durch Deutschland, verbrachten ein Wochenende mit einem Disc-Golf-Wettbewerb, und danach ging es wieder nach Hause. Schön, allerdings auch jedes Mal schnell vorbei.

Als dann ein paar Jahre später der Rest Europas - und hier vor allem Skandinavien – mehr in den Fokus rückte, wurden die Reisen ausgedehnter. Ich lernte andere Länder kennen, deren Bewohner und Landschaften, und es war hervorragend. Mittlerweile kannte man sich auch auf dem internationalen Parkett, man schloss Bekanntschaften und, ja, auch Freundschaften, von denen die meisten meiner Schulkollegen nur träumen konnten. Ich dagegen lebte diesen Traum. Mit 16 Jahren und einem Sport, den kaum ein Mensch zu der Zeit kannte.

Die große weite Welt lässt grüßen
Richtig beeindruckend war dann mein erster Trip in die USA. In Europa konnte ich mich im Disc Golf nicht mehr weiterentwickeln, die Konkurrenz lag auf meinem Niveau oder darunter und Amerika war die einzige Chance, die mir noch blieb, wenn ich tatsächlich weiterhin eine Profi-Karriere anstreben wollte. Zwar hatte ich bereits einen Sponsoren-Vertrag, der sich mit meiner steigenden Leistung auch von den anfänglich kostenlosen Scheiben und Shirts weg und hin zu einer echten Bezahlung verbessert hatte, doch mein Ziel, vom Sport allein leben zu können, lag noch in weiter Ferne. Umso besser, dass eben dieser Sponsor Discmania ebenfalls beschlossen hatte, seine Geschäfte auf Amerika auszuweiten. Also ging es für mich auf nach Los Angeles.

Dort hatte ich bald das Glück, mit einem der besten Disc Golf Spieler der Welt, Avery Jenkins, in näheren Kontakt zu kommen. Wir kannten uns bereits einige Zeit, doch nun wurden wir Freunde und intensivierten die Partnerschaft in der Form, dass Avery mich an die Hand nahm, um einen Plan auszuarbeiten, wie es denn hier in den USA für mich weitergehen sollte. Schlussendlich lief es darauf hinaus, dass wir gemeinsam im Wohnmobil durch die Staaten tourten, ein Turnier nach dem anderen spielten und zwischendurch immer wieder Workshops für interessierte Laien oder Amateure gaben. Zunächst sorgte natürlich Averys Name für genügend Workshop-Teilnehmer, schließlich war er u.a. 2009 Weltmeister geworden. Doch je mehr ich spielte und je bekannter ich auch bei den amerikanischen Fans wurde, desto mehr Leute kamen auch, um mich zu sehen.


On Tour
Das Gefühl, auf Tour zu sein, war vom ersten Moment an atemberaubend. Mit jedem Wettbewerb wurde ich besser und dementsprechend erhöhten sich natürlich auch die Preisgelder. Ich kam meinem Traum, vom Disc Golf allein leben zu können, immer näher. Kaum hatte ich mich von den sogenannten C- über die B- bis zu den A-Turnieren vorgekämpft und landete dort regelmäßig zumindest unter den Top 10, konnte ich bald darauf schon in der US-National Tour spielen und schließlich sogar in der Major Tour, die sich auf ganz Amerika und Europa erstreckt. Hatte ich in Europa eines der Turniere für mich entschieden, war ich mit maximal 500 Euro nach Hause gegangen. Mittlerweile kann ich bei einem Turnier durchaus in den niedrigen bis mittleren vierstelligen Bereich kommen, je nach Platzierung und Wichtigkeit des Wettkampfs und da kommt dann schon Einiges zusammen, wenn man mal von mindestens einem Turnier alle zwei Wochen während der laufenden Saison ausgeht.

Das klingt wie ein Rockstar-Leben, oder? Ist es in gewisser Hinsicht auch. Ich reise von Stadt zu Stadt, habe inzwischen 40 der 50 amerikanischen Staaten besucht und viele Menschen kennengelernt, die ich nun zu meinen Freunden zählen darf. Nichtsdestotrotz ist es auch höllisch anstrengend. 2015 zum Beispiel startete für mich mit einem Turnier in Australien. Eine Woche später spielte ich in Neuseeland. Von dort aus ging es nach Kalifornien, Los Angeles, dann weiter nach Las Vegas, ehe in Phoenix, Arizona die amerikanische Disc Golf Saison startete und mich jedes Wochenende in eine andere Stadt brachte. Da bleibt kaum Zeit für Familie oder ausgiebige Treffen mit Freunden. Man ist immer unterwegs.

Aber mal ehrlich, was gibt es Schöneres für einen Profi-Sportler? Ich will ja unterwegs sein, ich will die Welt bereisen und Turniere spielen und Rekorde aufstellen. Und für all die Leute, die zu meinen Workshops kommen, um sich eine Scheibe oder ein Foto signieren zu lassen, nehme ich gerne in Kauf, dass ich die meiste Zeit des Jahres im Wohnmobil lebe.

Ich hoffe, dass es bald wieder losgeht und ich euch auf der Tour treffe,
bis dahin freue ich mich, wenn ihr auch bei meinem nächsten Beitrag auf Dreampions wieder dabei seid,
bis bald,
Simon










Folge Dreampions @

AGB | Datenschutz | FAQ | Impressum | Kontakt
© 2016-2023 Dreampions