Die Ideen für den Campingplatz gehen mir nicht aus


© Bernd Lesser

Bernd Lesser übernahm den Campingplatz Dransfeld vor über 30 Jahren. In dieser Zeit entwickelte er den Platz von einer kleinen Wiese zu einem beliebten 5-Sterne-Campingplatz, der für jeden etwas zu bieten hat.

Nachdem ich im ersten Artikel über unseren Campingplatz als Lebenstraum und die Begeisterung unserer jugendlichen Besucher geschrieben hatte, möchte ich heute wie versprochen auf die Ideen und ständigen Weiterentwicklungen eingehen, die in den letzten drei Jahrzehnten aus einer Wiese einen 5-Sterne-Platz gemacht haben und uns letztlich dahin gebracht haben, wo wir heute sind.

Freizeitspaß abseits der bekannten Urlaubsregionen
Aus geschäftlicher Sicht waren all unsere Strategien, wenn man sie rückblickend so nennen will, beeinflusst von einer großen Herausforderung: Jeder Campingplatz steht nämlich vor der Frage, wie er seine Kapazitäten bestmöglich nutzen kann: Dahinter steht einmal die allgemeine Entscheidung, wie viele Plätze man für Wohnwagen, Zelte oder kleine Häuser anbietet, was die Einnahmen bei Maximalauslastung beeinflusst. Zweitens muss jeder Platz für sich entscheiden, wie er mit den Phasen außerhalb der Hauptsaison umgeht. Es gibt Plätze, die 90% Dauercamper haben. Andere konzentrieren sich ausschließlich auf Touristen. Bei uns gibt es 150 Dauerplätze und 150 Touristenplätze, zusätzlich noch Häuser und einige Plätze für Zelte. Durch die Dauergäste haben wir also immer eine gute Basisbelegung, aber wir stehen auch permanent vor der Aufgabe, attraktiv für Kurzzeitbesucher zu sein.

Im Gegensatz zu bekannten Urlaubsgebieten wie dem Schwarzwald, dem Bayrischen Wald oder der Nordseeküste ist den Menschen außerhalb unserer Region nicht unmittelbar klar, warum sie nach Dransfeld kommen sollten. Das heißt, wir müssen etwas Besonderes bieten und idealerweise unsere Gäste dazu bringen, dass sie im nächsten Jahr wiederkommen. Eine wichtige Basis war von Anfang an das Schwimmbad, das direkt an den Campingplatz angrenzt und gemeinsam mit ihm gebaut wurde. Ohne Schwimmbad hätte der Campingplatz keinen Sinn gehabt und umgekehrt hätte sich ohne die Feriengäste das Bad in einem relativ kleinen Ort finanziell nicht getragen. Über die Jahre wurde das Schwimmbad immer wieder modernisiert, heute hat es drei Becken: Ein Sportbecken mit 25 Metern, ein Sprungbecken, eine 52-Meter Erlebnisrutsche, einen Wildwasserkanal und einen Whirlpool. Also alles, was man so braucht.

Erlebnisbad Dransfeld direkt am Campingplatz
Stolz auf 5 Sterne
Damit campinginteressierte Menschen auf uns aufmerksam werden, die spontan ein Ziel für ihre nächste Reise suchen, hilft uns die 5-Sterne-Bewertung. Die Campingplatz-Beurteilungen werden von Prüfern neutraler Organisationen durchgeführt. Vom ADAC, dem Deutschen Tourismus Verband, dem DCC oder den entsprechenden Organisationen anderer Länder. Die Prüfer kommen unangemeldet und es passiert dann durchaus, dass urplötzlich jemand in die Rezeption kommt und sich als Prüfer vorstellt, der genau jetzt unseren Platz prüfen will. Hauptkriterien sind meist die Sanitäranlagen, die Gastronomie, die Rezeption, Öffnungszeiten und ähnliche Fragen.

Und da stehen wir meist gut da: Unser Sanitärbereich ist nicht nur sauber, sondern auch sehr schön und modern. Wir haben zum Beispiel überall Massageduschen und auch gratis Spülmaschinen (das erfreut die Männer, die beim Camping meist den Spüldienst übernehmen). Solche Dinge fallen unseren Gästen und natürlich den Prüfern auf. Wir haben die 5-Sterne jetzt seit 15 Jahren und sind stolz darauf, aber man muss auch immer wieder investieren, um diesen Status zu halten.

Diese Auszeichnungen sind natürlich sehr sichtbar, wichtig ist für uns aber auch und besonders die Bewertung durch unsere Besucher. Diese haben uns in den letzten Jahren regelmäßig unter die 10 besten Plätze in Deutschland gewählt. Wir haben ein aktives Qualitätsmanagement, haben regelmäßige Team-Meetings, wo wir uns absprechen und alle wissen: Das Wichtigste ist die Freundlichkeit – der Gast kommt her und bezahlt dafür, da ist es das mindeste, dass wir ihn freundlich behandeln. Das steht dann in den Kundenbefragungen immer ganz oben. In den Niederlanden haben wir die Best Camping Auszeichnung erreicht, was sich so anfühlt wie ein 5-Sterne-Plus und darauf sind wir besonders stolz.

Wellness und beliebte Events auch in der Nebensaison
In der Hauptsaison im Sommer ist es überall voll. Aber wir wollten eigentlich nie ein reiner Ferienbetrieb sein. Wir wollten es schaffen, dass Besucher unsere Angebote an möglichst vielen Tagen des Jahres nutzen und auch in der kalten Jahreszeit oder außerhalb der Schulferien etwas los ist. Zum Beispiel haben wir über die Jahre gute Kontakte zu verschiedenen Gruppen und Vereinen aufgebaut: So haben wir die Treffen der VW Bus-Fans, der Opel-Liebhaber und noch einige andere Oldtimerclubs, die sich hier zu einem verlängerten Wochenende treffen und schöne Ausfahrten machen. „Legendär“ sind auch unsere Events: Zwischen dem 25.12. und 5.1. ist es bei uns meist ausgebucht. Die Dauergäste sind sowieso da aber auch viele Touristen, die sich auf eine große Silvesterfeier freuen können.
Eine weitere Besonderheit ist unsere Wellness-Anlage: Meine Frau leitet den Bereich mit Massagen, Infrarotkabine und Sauna, und wir haben auch einen Bereich, der von einer professionellen Kosmetikerin betrieben wird. Das ist ein wesentliches Angebot, damit im Winter überhaupt Gäste auf einen Campingplatz fahren. Wir haben einen Wellnessgarten, sowie einen Hydrojetpool, der immer 36 Grad hat, so dass wir auch bei Minusgraden draußen immer einige Highlights bieten können. Wer sich die Anlage ansieht merkt, dass das Vorurteil falsch ist, wonach Camping nur etwas für arme Leute ist, die sich kein Hotel leisten können – das ist überhaupt nicht mehr so. Camping ist eine Lebenseinstellung und eine andere Präferenz, wie man seinen Urlaub verbringen möchte.

Ausgezeichnete Ideen für Menschen mit Handicap
Wir hören nicht auf uns weiter zu entwickeln. Ein gutes Beispiel ist der Innovationspreis des Landes Niedersachsen, den wir im letzten Jahr erhalten haben. Das Thema war „Tourismus mit Zukunft“ und wir wollten zeigen, was mit Camping alles möglich ist. Meine Frau und ich gingen das Projekt mit viel Engagement und einer Person als Unterstützung an. Als wir dann zu dem großen Event kamen, sind wir erstmal ganz klein geworden. Unsere Konkurrenten in der Ausschreibung waren die großen Tourismus-Städte von Niedersachsen, die mit Teams von bis zu 10 Personen an ihren Präsentationen gearbeitet hatten und wirklich große Investitionsprojekte dort vorstellten. Wir dachten uns „wenigstens haben wir teilgenommen“, hatten keinerlei Erwartungen mehr und genossen die Vergabe der drei Hauptpreise durch den Minister eher als interessierte Zuschauer denn als ambitionierte Mitbewerber. Als dann beim ersten Preis unser Name fiel, war es gleichermaßen überraschend wie emotional. Meiner Frau kamen sofort die Tränen und so musste ich dann auch die Dankesrede übernehmen. Es war wirklich wie im Fernsehen bei der Verleihung eines Filmpreises, wenn man auf der Bühne steht, viele Menschen vor einem sitzen und gespannt auf deine Rede sind. Da musste ich mich schon zusammennehmen, gerade in einem so emotionalen Moment.

Unser Konzept, für das wir den Innovationspreis erhalten haben, lautete: „Best Camping mit integrativem 360-Grad Service und nachhaltigen Mobilheimen – Urlaub trotz Handicap“. Das ist jetzt eine lange Überschrift, aber im Wesentlichen geht es darum, dass wir Menschen, die ein körperliches Handicap haben, einen Traumurlaub ermöglichen wollen. Handicap bedeutet ja nicht nur, dass ein Mensch aufgrund seines hohen Alters körperlich eingeschränkt ist. Es gibt ja genügend junge Menschen, die durch eine Behinderung, einen frühen Schlaganfall oder einen Unfall eingeschränkt sind und dadurch nicht mehr so wie früher in den Urlaub fahren können.

Um dies wieder zu ermöglichen, haben wir ein Konzept entwickelt, bei dem wir viele andere Betriebe angesprochen und einbezogen haben. So haben wir beispielsweise einen Hausdienst, der morgens kommt und den behinderten Gast wäscht und ihm beim Anziehen hilft. Wir haben eine Kooperation mit einem Taxidienst, der ein rollstuhlgerechtes Taxi hat und natürlich alles aus dem erweiterten medizinischen Bereich wie einen großen Pflegedienst, Massagen und auch der ehemalige Physiotherapeut von Nico Rosberg steht bei Bedarf mit seiner Kompetenz zur Verfügung. Die Basis sind natürlich die Mobilheime, die im April fertiggestellt werden: Die haben 38 Quadratmeter Wohnraum, man kann mit dem Rollstuhl hineinfahren und alle Bereiche sind behindertengerecht gebaut, das Badezimmer wie auch die Küche und der Wohnraum. Aber das Konzept zieht sich durch alle Bereiche des Campingplatzes: Die Gaststätte hat eine behindertengerechte Toilette bekommen und wir haben einen der Sanitärbereiche komplett umgebaut, so dass Rollstuhlfahrer, die nicht die Mobilheime nutzen sondern mit Zelt oder im Wohnwagen kommen, die Toilette und die Duschen nutzen können.
Blockhütte auf dem Campingplatz
Entschleunigung und Pilgerfreunden
Aber ein Campingplatz soll natürlich nicht nur aus Luxushäusern und einem 5-Sterne-Umfeld bestehen, denn für viele Menschen ist es ja gerade die Einfachheit, die sie suchen. Zu diesem Zweck haben wir Schlafhütten gebaut, also 10 kleine Häuser mit jeweils 4 Betten, die man für 30-35 Euro pro Nacht mieten kann. Diese werden übrigens meist von Pilgern genutzt. Unser Platz liegt direkt an dem Pilgerweg Loccum-Volkenroda, der die ehemaligen Zisterzienserklöster Loccum in Niedersachsen und Volkenroda in Thüringen verbindet.

Auf rund 300 Kilometern führt er durch eine abwechslungsreiche Naturlandschaft entlang von Weser, Leine und Unstrut, über Wesergebirge, Vogler und Solling sowie durchs Eichsfeld. Entlang des Weges finden sich zahlreiche Klöster bzw. Klosterruinen, die eine über Jahrhunderte währende Glaubensgeschichte lebendig werden lassen. Darüber hinaus wird die ehemalige innerdeutsche Grenze überquert, so dass man sich in wunderschöner Natur entspannen und bilden kann. Nachdem ich schon länger in der evangelischen Landeskirche Hannover engagiert war, habe ich mich persönlich sehr gerne bei der Weiterentwicklung des Pilgerwegs eingebracht. Der Pilgerweg wurde super angenommen, die Menschen interessieren sich für die Geschichte der Klöster und es ist ja auch eine wundervolle Art zu entschleunigen. An der Strecke gibt es mittlerweile viele Übernachtungsangebote und auch Serviceangebote wie den Gepäcktransport, so dass Leute also nur laufen müssen und am Abend ihren Rucksack schon am Ziel vorfinden.
Pilgerkapelle direkt neben dem Campingplatz Dransfeld
Viele neue Ideen für die Zukunft
Wie geht es weiter? Die Ideen gehen mir nicht aus. So habe ich einen Investor für einen Kletterpark gesucht und gefunden. Nachdem es einige Zeit dauerte, bis ökologische Fragen geprüft und geklärt waren und jetzt der Bebauungsplan und Flächennutzungsplan in Angriff genommen werden kann, wird es bald eine weitere Attraktion für unsere Region geben. Da erwarte ich schon positive Effekte, mehr noch für die Region als jetzt auch für unseren Platz. Für Göttingen als Universitätsstadt wird das eine tolle Sache werden, so eine Seilrutsche über 600 Meter ist auch für einen Studenten ein Nervenkitzel.

Man sieht, ich bin jemand, der sich nicht nur schnell für neue Ideen begeistern kann, sondern diese dann auch gerne umsetzt. So habe ich übrigens an dem Pilgerweg auch eine kleine Kapelle gebaut – aber das würde den Artikel etwas lang machen. Vielleicht schreibe ich doch noch ein Buch über all diese Jahre in einem Traumberuf, in dem ich so viele Dinge anstoßen, bewegen und umsetzen konnte… Jetzt kommt bald das letzte Projekt: einen Nachfolger zu finden, der hier möglichst seinen Lebenstraum verwirklichen kann.

Vielleicht sehen wir uns mal in Dransfeld!

Beste Grüße,
Bernd Lesser vom Campingplatz Dransfeld

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